Ü b e r j a h r z e h n t e

Evolution der Küchen

Die Küche, das wichtigste Element jeder Wohnung, hat eine lange Geschichte. Sie wurde stets weiterentwickelt und an den historischen Zeitgeist, an die jeweils aktuelle Lebensweise angepasst. In jeder Epoche formten sich individuelle Standards für die ideale Küche.

In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts entwarf die österreichische Architektin Margarete Schütte-Lihotzky ein revolutionäres Küchensystem unter dem Namen „Frankfurter Küche“. Berühmt wurde sie durch ihr einfaches, aber optimiertes und rationales Design. Küchen, die so praktisch wie ein industrieller Arbeitsplatz waren, folgten damals den neuesten Trends im Bereich Hygiene und Effektivität. Sie waren innovativ und erleichterten den Alltag: verstellbare Deckenlampen, drehbare Stühle, ein Gasherd, eine Schütte für den Abfall … Die Küche bestand aus verschiedenen Materialien, die je nach mechanischer Eigenschaft eingesetzt wurden. Um z. B. zu verhindern, dass Würmer ins Mehl kommen, bestand die Mehlkammer aus Eiche, die Arbeitsplatte dagegen aus Birkenholz, weil es sehr hart ist. Das Ziel der Frankfurter Küche war es, die Arbeitsgänge zu verkürzen und das alltägliche Kochen zu erleichtern. Es ermöglichte den Frauen, unabhängiger und gleichberechtigter zu werden, denn in der optimierten, modernen Küche brauchten sie weniger Zeit. Die Architektin entwarf tausende Kombinationen.

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Diesen revolutionären Ideen folgte auch die slowenische Architektin und Designerin Branka Tancing Novak, die 1954 die erste slowenische Serienküche plante. Auch ihre Küche gehörte wie die Frankfurter Küche zu den sog. „industriellen“ bzw. „Laborküchen“. Ihr Merkmal: sie war durchdacht, rational und so organisiert, dass die alltäglichen Abläufe so gut es geht vereinfacht wurden. Die moderne Küche von Branka Tancing Novak bestand aus 18 Teilen, die nach Wunsch kombiniert wurden, alle Elemente bis auf die Schubladen waren mit Schiebetüren versehen. Die Elemente wurden meist in zwei parallelen Spuren aufgebaut, um zu verhindern, dass die Hausfrauen auch nur einen einzigen überflüssigen Schritt machten.

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Heute werden Küchen zwar ähnlich, aber dennoch anders gestaltet, da wir vor anderen Herausforderungen stehen und andere Ansprüche haben. Die Funktionalität steht immer noch im Vordergrund, doch um diese zu erzielen, verwendet man heutzutage andere Materialien, wie rostfreien Stahl, Inox, Kerrock, Kunststoff und Terrazzo. Oft werden unterschiedliche Materialien kombiniert, die Einsatzbereiche sind von den mechanischen Merkmalen der einzelnen Materialien abhängig. Die Arbeitsplatten bestehen aus temperatur-, schmutz- und schlagbeständigen Materialien, die Fronten z. B. auch aus Holz. Auch in der Vergangenheit wurden die Materialien systematisch eingesetzt. Im Vergleich zu früher steht heute das Design im Vordergrund. Moderne Küchen bestehen aus Einbaugeräten, genügend Schränken, die Stauraum bieten und großen Arbeitsflächen. All dies ist natürlich voneinander abhängig.

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Wenn wir den Unterschied zwischen modernen und historischen Küchen verstehen möchten, müssen wir zuerst die unterschiedlichen Lebensweisen begreifen. Moderne Küchen sind keine rein funktionellen Orte, sie bilden den Mittelpunkt des Zuhauses. Das beeinflusst nicht nur die Planung einer Küche, sondern auch ihre Platzierung. Sie muss so entworfen sein, dass ihre Maße und Materialien, die Details und das Zubehör sich in den gesamten Raum einfügen und auf die alltäglichen Gewohnheiten der Benutzer abgestimmt sind, d. h. zu deren Lebens- und Wohnstil passen. Heute sind Küchen also keine kleinen Industriebetriebe mehr – sie sind Teil unseres Alltags, Grundbausteine des Raumes.

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